Führungskräfte - Blog

Wertschätzung vs. Filztasche

Fatima  Özer

Warum ein Abschied ohne Dank mehr über ein Unternehmen verrät als jede Hochglanz-Broschüre.

Immer wenn ich graue Filzttaschen sehe, muss ich an eine frühere Kollegin denken, die leise, klar und irgendwie enttäuscht ging.
Eines Tages bat sie mich um ein kurzes Gespräch: Sie hatte es lange mit sich herumgetragen – die Entscheidung zu gehen.
Bevor sie kündigte, bat sie mich um ein Gespräch.

„Du kannst die anderen nicht ändern – aber dich und deine Umgebung schon.
Du bist verantwortlich für dein Glück. Und denen hier… denen ist dein Glück egal.“

Und so ging sie. Nicht wütend, nicht beleidigt – sondern in Würde.
Weil sie sich und ihren Wert erkannt hatte.

Die Reaktion auf ihren Abschied?
Ungläubig. Erschüttert.

„Wie, sie geht? Warum denn? Die war doch so engagiert…“ Ja, war sie. Sie kam und sollte neue Impulse in den Vertrieb bringen – frischen Wind, kreative Ansätze.
Stattdessen hörte sie:
„Zu weich.“ „Du nimmst die Leute mit Samthandschuhen.“ „Deine Ideen bringen nichts.“ oder „Du bist nicht soweit!“ Anstatt ihre Stärke zu nutzen – ihre Empathie, ihren Blick auf Menschen – wurde sie kleingemacht.
Nicht, weil sie nicht gut war, sondern weil sie nicht ins Raster passte.

Dann kam ihr letzter Arbeitstag.
Die letzten Wochen? Überstunden. Erledigungen. Pflichtbewusstsein bis zum Schluss.
Sie war auf einmal sehr wichtig.

Und der Abschied?
Nüchtern. Kühl. Kein Dank. Kein Blumenstrauß. Keine Karte. Keine netten Worte.

Nur ein Satz, als sie ihre Sachen abgab:

„Die Filztasche dürfen Sie behalten. Die ist wertvoll.“

Das war’s.
Und so traurig das klingt – genau das blieb hängen.
Ein Stück Filz, das mehr sagte als jeder Händedruck in diesem Unternehmen.

Und ich frage mich bis heute:

  • Wann ist es so schwer geworden, echte Wertschätzung zu zeigen?

  • Warum bleibt am Ende oft nur eine Tasche – statt ehrlicher Dankbarkeit?

  • Und wie viele gute Menschen müssen noch gehen, bevor sich etwas ändert?

Fragen für dich – egal ob Führungskraft, Kolleg:in oder Beobachter:in:

  • Wann hast du das letzte Mal ehrlich „Danke“ gesagt?

  • Wissen die Menschen in deinem Umfeld, wie wertvoll sie sind?

  • Was bleibt von dir, wenn jemand geht – ein Schulterzucken oder ein echtes Vermissen?

3 Impulse für mehr Menschlichkeit im Arbeitsalltag:

  1. Wertschätzung ist keine Extra-Leistung.
    Sie ist Basis. Ein ehrliches „Schön, dass du da bist“ kann mehr bewirken als jedes Incentive.

  2. Gestalte Abschiede bewusst.
    Kein Mensch geht ohne Spuren. Mach sichtbar, was jemand geleistet hat.
    Nicht mit Geschenken – mit Worten.

  3. Sieh den Menschen, nicht nur das Ergebnis.
    Kreative Köpfe, leise Führer, empathische Zuhörer –
    sie alle bringen Dinge voran, die man nicht messen kann.

Jeder Weg beginnt mit dem ersten Schritt. Lass uns diesen Schritt zusammen gehen und deine Führungskompetenzen auf das nächste Level heben.

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